Die Olympischen Spiele in Peking sind für die Skispringer vorbei. Stefan Kraft gewann im Teambewerb gemeinsam mit Daniel Huber, Jan Hörl und Manuel Fettner Gold. Damit holte er auch seine erste Olympia Medaille, die sich nun in die lange Liste seiner Erfolge einreiht.
Kurz nachdem Stefan wieder in Österreich angekommen war, haben wir ihn zu einem ausführlichen Gespräch und um seine ganz persönliche Olympia-Bilanz gebeten:
Wie geht’s dir jetzt einige Stunden nach Olympia?
Stefan Kraft: Es ist immer noch ein überwältigendes Gefühl. Es waren für mich sehr coole Spiele. Im letzten Bewerb noch die Goldene zu gewinnen war die Erfüllung eines Kindheitstraumes und deshalb etwas ganz Besonderes für mich.
Auf was freust du dich am meisten, wenn du jetzt daheim bist?
Stefan Kraft: Natürlich auf meine Freundin, meine Familie und Freunde. Sie alle haben in den Wochen vor Olympia schon sehr gelitten, da ich die Kontakte wirklich aufs geringste reduziert hatte.
An was oder wen hast du nach dem Sieg als erstes gedacht?
Stefan Kraft: Ich fühlte dann einfach eine unglaubliche Dankbarkeit, diesen Moment im Auslauf erleben zu dürfen. So muss es sich anfühlen, wenn man ein Kunstwerk endlich fertig stellt.
Glaubst du, es gibt einen emotionalen Unterschied zu einer Einzelmedaille?
Stefan Kraft: Ja, ich erlebe jetzt gerade wieder. Es ist, als ob sich jeder einfach noch mehr freut und das ganze Team schwelgt in Feierlaune und ist überglücklich!
Ist diese Medaille auch eine späte – aber wirklich verdiente – Belohnung?
Stefan Kraft: Meine Karriere bisher ist – und wäre auch ohne Olympiamedaille – immer ein schöner und erfolgreicher Traum gewesen. Aber jetzt, mit dem Olympiasieg ist alles einfach noch mal kitschiger und fast schon ein wenig irreal.
Wie wichtig ist es für dich, dass du Menschen hast, die dich mal fordern, mal auffangen und dir vor allem Sicherheit geben?
Stefan Kraft: Das ist extrem wichtig, im System Stefan Kraft muss jedes Puzzleteil passen. Für die Schnittpunkte Persönlichkeit, Trainingsplanung und Mentalität verlasse ich mich voll auf meinen Individualcoach Patrick Murnig. Er und meine Trainer und Betreuer geben mir den wichtigen Rückhalt in guten, genauso wie in schweren Zeiten.
Ganz ehrlich, bist du nach dem zweiten Einzelbewerb schon ein wenig nervös geworden, dass du Olympia wieder ohne Medaille verlassen musst?
Stefan Kraft: Ja, denn vor allem der Mixed-Bewerb war schwer zu verkraften. Und meine Sprünge waren von Anfang an immer auf einem Niveau, eine Medaille zu schaffen. Aber gleichzeitig habe ich mich schon riesig auf den Teambewerb gefreut. Dass dann wirklich alles zusammengepasst hat, ist natürlich einfach nur wunderschön.
Wie schaffst du es, nach einem Tief wieder rechtzeitig bereit zu sein und um Medaillen mitkämpfen zu können?
Stefan Kraft: Ich denke mir einfach jedes Mal: „Wenn ich diese Phase überwunden und geschafft habe, dann bin ich wieder ein noch besserer und kompletterer Skispringer.“ Patrick und die täglichen Gespräche mit ihm waren wichtige Faktoren auf dem Weg zu meiner Medaille. Bei uns wird immer klar analysiert und anschließend ein Plan zusammengebastelt, von dem wir der Meinung sind, so komme ich am schnellsten wieder in die Spur.
Welchen Eindruck hattest du insgesamt von den Spielen in Peking?
Stefan Kraft: Ich fand, dass alles super organisiert war, die Anlagen waren teilweise unfassbar beeindruckend. Die Zimmer und Unterkunft insgesamt waren gut, aber leider gab es nur Einzelzimmer. Das Essen war auch gut, aber man musste recht kreativ am Buffet sein, sonst wurde es bald sehr fad und eintönig.
Was empfindest du, wenn du deine ganze beeindruckende Medaillen-Sammlung vor dir siehst?
Stefan Kraft: Da empfinde ich Stolz und ich muss sagen, dass ich finde, bei Erfolgen oder Medaillen gibt es kein „schöner“ oder „besser“. Jeder einzelne Erfolg beinhaltet aufregende Geschichten und zeigt einen tollen Weg bis dahin.
Ihr habt eigentlich fast keine Pause, der Weltcup übersiedelt nächste Woche nach Lahti, was hast du dir für den Rest der Saison noch vorgenommen?
Stefan Kraft: Ja, der restliche Weltcup-Plan ist noch sehr straff, ich hoffe, dass ich meine Formkurve halten kann und noch ein paar weite Flüge zeigen darf. Eventuell können wir ja auch bei der Skiflug WM noch ein Wort mitreden.